Just for You
18.04.-30.05.1999
Kuratiert und Text von: Christa Steinle
Ort: Stiegenhaus der Neuen Galerie Graz
Hannes Priesch war in den 80er Jahren einer der wesentlichen Vertreter jener jungen Künstlergeneration.
Priesch, der schon früh durch experimentelle Ausstellungen in der Wiener Galerie nächst St. Stephan aufgefallen war, verfolgte aber immer einen konzeptuellen Weg, indem er sich mit dem Ausstieg aus dem konventionellen Tafelbild und der Überschreitung der Grenzen traditioneller Bild- und Trägermedien auseinandersetzte. Das Bild wurde entrahmt und die Leinwand skulptural eingesetzt. Die Farbe wurde substanzialisiert und erhielt damit Objektcharakter. 1990 erhielt Priesch das Chicago-Stipendium des Bundesministeriums für Kunst und lebt seither in New York. In den 90er Jahren verstärkten sich die Tendenzen zu einer konzeptuellen Malerei, indem Priesch das Medium im erweiterten Feld der Skulptur in seriellen Installationen reflektiert.
Die aktuelle Arbeit “Just for You”, ein Wandbild im Stiegenhaus der Neuen Galerie, besteht aus 111 schwarz/weißen Tuschzeichnungen und einem orangeroten Neonzeichen. Die Zeichnungen und das Zeichen variieren beide die suggestive Formel “Just for You” in verschiedenen Schrifttypologien – von manieriert bis klar konstruiert. Es gibt keinen Satz, der repräsentativer für die Konsumkultur und deren Betrug wäre, als die persönliche Anrede “Just for You”. Custom design, für den Kunden speziell adaptiert, heißt das trügerische Versprechen jener Branche, deren Ziel der Verkauf von Massenware an die Massen ist. Die Welt ist “nur für dich” da, lautet die Zauberformel der Werbeindustrie. Mit diesem Slogan der Einzigartigkeit und Individualität adressiert sich paradoxerweise die Industrie der Massenproduktion an die Massen. Das Produkt sei für den Einzelnen persönlich – “Just for You” – adaptiert. Ein Code, der uns in scheinbar persönlicher, selektiver Weise über Werbung, Fernsehen, Printmedien verführen soll, Massenware zu kaufen, stellt sich in Wahrheit als ein kollektiver konsumstrategischer Code dar.
Ein konstitutives Element der Installation für die Dekonstruktion dieses massenmedialen Codes, der sich als privater maskiert, ist ein Container, der in der 1. Lage das Neonzeichen, in der 2. Lage die 111 Tuschzeichnungen und in der 3. Lage Werkzeug für das Installieren der Arbeit, eine Flasche Bourbon Whiskey “Maker`s Mark” sowie zwei Metallfaltbecher enthält. Der dreilagige Container birgt das Alphabet der Dekonstruktion, die Gebrauchsanweisung. Jeder kann kommen, den Container öffnen und aus dem Alphabet = dem Bausatz im Container ein Werk konstruieren. Der Künstler als möglicher Produzent der Arbeit wendet sich direkt an den Betrachter, wobei offengehalten bleibt, in welcher Rolle dieser sich wiederfinden möchte, als Produzent oder Betrachter. Die Anordnung des Neonzeichens und der 111 an der Wand angebrachten Zeichnungen ist von Ort zu Ort variabel. Ein Umgestalten während der Ausstellung durch den Betrachter wäre durchaus im Sinne des Künstlers. Gestalte deine Ausstellung – “Just for You”!